“Dieses typische Anno Gefühl!” – Ein vielgelesener Kommentar von Anno Langzeitspielern, wenn sie über dieses ganz besondere Feeling und den Look von einem Anno Spiel sprechen. Aber wie kommt dieser vertraute Anno Art-Style eigentlich zustande? Allen Anfang macht das sogenannte Concept Art, und heute wollen wir euch einen ganz besonderen Blick auf die Arbeit unseres Senior Concept Artist André Kieschnik geben:
Hi, mein Name ist André und ich arbeite nun schon seit über sieben Jahre als Concept Artist an der Anno Serie. Von meinen ersten Schritten (oder Linien) in mittelalterlichen Welten, über die Erkundung von futuristischen Visionen und nun mit einem großen Sprung in die industrielle Revolution, hat mich meine Reise als Artist durch die Anno Serie viele Dinge gelehrt, manche davon sehr wertvollen Erfahrungen für meine Karriere und Handwerk. Ich will genau diese Erfahrungen heute mit der Anno Union teilen und Euch zeigen, warum Concept Art eigentlich so wichtig ist und wie unser Team damit arbeitet.
Drei Faktoren, die ein gutes Concept Art ausmachen
Als Gamer lieben wir Concept Art, denn sie gibt uns diesen besonderen Einblick in die kreative Vision und Richtung unserer geliebten Spiele. Aber es handelt sich dabei nicht nur um einen besonderen Hingucker, Concept Art ist auch ein wichtiger Bestandteil des Entwicklungsprozesses eines Spiels. Es bestimmt den Ton für die Art Direction eines Spiels und hilft damit Konzepte und Ideen zu visualisieren und dient als Referenzwerk für andere Entwicklungsabteilung. Man kann es in drei wichtige Aufgaben unterteilen:
Visualisierung
In der Vergangenheit haben wir ja bereits über die Vision unseres Spiels gesprochen. Es ist die Aufgabe des Concept Artist genau diese kreativen Ideen zu visualisieren, quasi sichtbar und fühlbar zu machen. Das kann manchmal sehr direkt sein, wie beispielsweise im Falle der ersten Skizzen für ein neues Gebäude, Konzepten für Umwelt und Umgebung oder einem ersten Panorama um das Gefühl einzufangen, wie eine Städtelandschaft wirkt und aussehen könnte. Wir erstellen außerdem sogenannte „Mood Slides“, bei denen wir die Atmosphäre und das Gefühl des Spiels in Arbeiten festhalten und arbeiten manchmal mit durchaus abstrakten Ideen, denen wir eine Form geben müssen. Solche Ideen zu visualisieren hilft Game Designern (und anderen Disziplinen), eine Idee davon zu bekommen, wie bestimmte Elemente aussehen könnten aber auch um herauszufinden, wie und ob diese im Spiel funktionieren.
Funktionalität
Funktionalität ist ein weiterer wichtiger Faktor. Manchmal klingen Ideen in unserem Kopf richtig klasse, sobald wir diese aber einmal in einem Artwork umgesetzt sehen, kann es sein das wir realisieren, dass unsere Vorstellung so nicht ganz funktioniert oder zumindest noch ein paar Verbesserungen benötigt. Stellt euch einfach einmal vor, ihr habt eine Idee zu einer coolen Fabrik oder einer abgefahrenen 19ten Jahrhundert Maschine. Ein Concept Artist kann euch dabei helfen herauszufinden, ob dieses Konzept für die Fabrik mit den Designs der anderen Fabriken zusammenpasst oder ob eure Maschine so funktionieren könnte oder sich glaubwürdig in der Spielwelt anfühlt. Unser Kredo ist „nicht 100% realistisch aber glaubwürdig“. Wenn wir an Concept Art arbeiten nutzen wir unsere kreative Freiheit zu unserem Vorteil aber am Ende macht es die richtige Mischung aus Realität und Fiktion die unsere Assets glaubwürdig macht.
Art Design
Und zu guter Letzt, allerdings genauso bedeutend, dient Concept Art dazu die Stimmung und Designrichtung des Spiels zu definieren, um damit dieses besondere Anno Gefühl zu ermöglichen. Aber was ist eigentlich dieses Gefühl, dass wir uns für das kommende Anno 1800 als Ziel gesetzt haben? Das 19te Jahrhundert mit seiner industriellen Revolution war, ganz besonders in großen Städten, ein oft schmutziges und auch düsteres Zeitalter. Aber genau wie mit den Anno Teilen die im Mittelalter gespielt haben, soll der Ton von Anno 1800 die bedeutendsten und einprägsamen Aspekte der Ära repräsentieren ohne dabei zu düster zu sein, oder den Schwerpunkt auf nur einen dieser Aspekte zu legen. In einem Anno Spiel wollen wir alle dieses besondere Gefühl von Wunder und Begeisterung spüren, wenn wir unsere wuselnden Städter dabei beobachten, wie sie durch unser aufwendig errichtetes Diorama strömen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Anno 1800 euch enttäuschen wird, wenn es um das Ruß geschwärzte Gefühl des 19ten Jahrhundert geht. Die industrielle Revolution im Spiel einprägsam darzustellen ist ein wichtiges Element um in dieses vergangene Jahrhundert eintauchen zu können. Am Ende kommen kunstvolle Architektur, ländliche Gebäude und die Wahrzeichen der industriellen Revolution zusammen und erschaffen somit eine allumfassende Impression dieser Zeit. Eine gute Mischung erlaubt es, dass all diese Elemente im Spiel einen Platz haben: schillernde Kulturgebäude oder andere Hingucker als Abwechslung für die in industriellen Rauch gehüllten Backsteinfabriken.

Von den ersten Ideen bis zum fertigen Concept Art
Schritt Eins: Die Nase in Bücher stecken
Als erstes steht Nachforschungsarbeit an. Anno ist ein Städtebauspiel und deswegen ist Architektur der für uns wichtigste Aspekt. Unser Team beginnt normalerweise damit, verschiedenste Quellen aus der Ära zu studieren, wie zum Beispiel alte Fotos oder Gemälde. Über die Zeit sammeln wir somit eine Menge an Referenzmaterial aus der Zeit an, die für uns als Inspirationen dienen. Allerdings ziehen wir unsere Inspiration nicht nur aus dem 19ten Jahrhundert. Wenn Ihr selbst einmal Nachforschungen über Produktionsgebäude und Fabriken aus der Zeit anstellt, werdet Ihr recht schnell feststellen, dass viele der Gebäude aus der Zeit aus Backstein errichtet wurden und eine sehr ähnliche Architektur aufweisen, was es schwer macht sie den ersten Blick zu unterscheiden.
Wir mussten feststellen, dass sich stark ähnelnde Gebäude aus rotem Backstein nicht wirklich interessant zu betrachten sind und auch nicht unbedingt das sind was Leute erwarten, wenn sie an die industrielle Revolution denken.
Und hier kommt wieder die kreative Freiheit ins Spiel: wir ziehen weiterhin nutzen von modernen Referenzen, die Elemente wie sichtbare Stahlträger und viel Eisen beinhalten, um ein Bild zu erschaffen, dass die meisten von uns im Kopf haben, wenn sie an das 19ten Jahrhundert denken.
Schritt Zwei: Zeit zum Skizzieren!
Die ersten Arbeiten sind normalerweise Skizzen. Bleiben wir einfach einmal bei dem Beispiel der Fabrik. Wenn wir durch Nachforschung genug Material gesammelt haben, beginnen wir damit all unsere Ideen zu skizzieren um so viele Variationen wie möglich aufzuzeichnen. Während die Skizzen an diesem Punkt noch sehr Roh sind, helfen sie zu demonstrieren wie die verschiedensten Formen in die Anno Landschaft passen aber auch, wie es in so einem Gebäude eigentlich aussehen könnte.
Ein interessanter Punkt den man für die Arbeit an einem Anno Spiel im Hinterkopf behalten muss: Wenn Ihr einfach mal aus der Vogelperspektive auf eine echte Städtelandschaft blickt, ist es gar nicht so einfach die verschiedensten Typen von Gebäuden zu identifizieren. Vielleicht könnt ihr Wohngebäude ausmachen oder ein paar Industrieanlagen erkennen. In Anno müsst ihr jedoch in der Lage sein, in kürzester Zeit den Typ und die Funktion eines Gebäudes zu erkennen. Um dies zu bewerkstelligen, machen wir häufigen Nutzen von offenen Wänden und platzieren sogar Objekte, die eigentlich nach innen gehören würden (wie große Schmelzöfen), um es somit einfacher zu machen, dass Gebäude sofort einzuordnen.
Normalerweise zeichnen wir viele verschiedene Skizzen um eine gute Varianz an Konzepten für ein Gebäude zu erschaffen. In früheren Anno Spielen haben wir die ersten Skizzen normalerweise als schwarzweiße Line-Arts erstellt. Allerdings wurde das Team über die Zeit erfahrener und somit vor allem viel schneller. Und deswegen haben die meisten unserer Skizzen heutzutage bereits Farbe um eine bessere Idee zu geben, wie das Objekt im finalen Spiel aussehen könnte.
Schritt Drei: Entscheidungen
Sobald wir verschiedenste Konzeptskizzen fertig haben, ist es an der Zeit, die beste Skizze für ein Gebäude auszuwählen. Unser Team entscheidet dabei zusammen mit dem Creative Director und Senior Artists, welche der Skizzen am besten funktionieren könnte. Es mag dabei durchaus vorkommen, dass uns die Entscheidungen zwischen zwei Skizzen schwerfällt. Dies führt dann meistens dazu, dass wir entweder beide Varianten wählen oder die beiden Kandidaten zu einem neuen Konzept zusammenwerfen. Wenn wir dann das beste Konzept ausgewählt haben, erstellt einer der 3D Artists ein 3D Mockup der Fabrik, das üblicherweise nur weniger Polygone beinhaltet.
Dieser Schritt erlaubt uns, die Idee für die neue Fabrik mit bereits bestehenden Anno Gebäuden zu vergleichen und gibt uns eine bessere Vorstellung ob die Dimensionen und Proportionen so funktionieren, oder ob wir das Konzept noch ein wenig abändern müssen. Nachdem wir die verschiedenen Möglichkeiten mit unserem 3D Dummy durchgegangen sind, treffen wir die Entscheidung ob wir mit dem Konzept zum nächsten Schritt übergehen können, oder ob wir wegen Veränderungen wieder zurück ans Zeichenbrett müssen.

Schritt Vier: Ab zur Zielgerade
In der letzten Phase nehmen wir nun unsere Skizze und fangen an, am finalen Concept Art zu arbeiten. Dies bedeutet für uns eine Menge Detailarbeit: wir erstellen eine hochauflösende Datei, arbeiten alle fehlenden Teile und Dekorationen aus, fügen kleine Details hinzu (Was so unscheinbar sein kann wie ein Poster an der Wand) und definieren alle Materialien die in diesem Gebäude so benutzt wurden. Es muss klar ersichtlich sein, welche Teile aus Backstein, Holz oder Metall bestehen und auch ob es sehr neuwertig oder stark in Gebrauch aussehen soll. Diese Details sind wichtig, da wir in späteren 3D Schritten viel mit sogenannten Shader-Effekten arbeiten. Details und Proportionen sind die wichtigsten Punkte der Referenz für unsere 3D Artist, die später mit unserem Concept Art arbeiten müssen.
Wenn die finale Version des Concept Art fertig gestellt ist, wird es Zeit für die letzte Abnahme. Wenn wir das „Daumen hoch“ von Creative Director und Senior Artists erhalten, wird es Zeit die Arbeit an einem neuen Konzept zu beginnen. Sollten noch einige Dinge nach der Revision nicht ganz passen, gehen wir normalerweise zurück zu Schritt Vier.
Ich hoffe das Ihr diesen Blick hinter die Kulissen von Annos Concept Art interessant fandet. In einem zukünftigen Devblog wird dann einer meiner Kollegen die weitere 3D Entwicklung bis hin zur finalen Fabrik im Spiel beleuchten.
Aber bevor ich euch für heute verlasse, würde ich noch super gerne hören was denn so eure beliebtesten Concept Arts und visuellen Eindrücken aus vergangenen Anno Spielen waren. Vielleicht habt ihr ja auch ein paar Fragen bezüglich der Arbeit unseres Teams am Artwork für das kommende Anno 1800.
Grüße,
André